Digitale Assistenzsysteme

Alexander Mädche, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Moderne digitale Assistenzsysteme zeichnen sich durch einen hohen Grad an Interaktivität und Intelligenz aus. Sie bieten große betriebswirtschaftliche Potenziale für die Steigerung von Produktivität und Wohlbefinden. Sie müssen jedoch unter Einbeziehung von Nutzern und Nutzerinnen vertrauenswürdig gestaltet und eingeführt werden.

Digitale Assistenzsysteme sind heute integraler Bestandteil unseres Arbeits- und Privatlebens.  Im Alltag nutzen wir sie, um uns im Straßenverkehr navigieren zu lassen oder uns Empfehlungen beim Online-Einkauf geben zu lassen.  In Form sogenannter „Software Bots“, insbesondere Chatbots und „Robotic Process Automation“ Bots, unterstützen sie uns auch heute immer mehr bei der Durchführung betrieblicher Aufgaben, welche in der Vergangenheit primär von Menschen wahrgenommen wurden. Sie übernehmen nicht nur betriebliche Aufgaben, sondern agieren auch als „Coach“, beispielsweise mit der Fähigkeit individualisiertes Feedback zu geben und beim Aufbau verschiedenster Kompetenzen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu unterstützen.

Digitale Assistenzsysteme sollten, wie in der Wirtschaftsinformatik üblich, als sozio-technisches System konzeptualisiert werden, welches auf den drei zentralen Elementen Mensch, Aufgabe und Technik basiert.  Für die erfolgreiche Gestaltung digitaler Assistenzsysteme ist es essential, die zu unterstützende Aufgabe und die menschliche Nutzerin oder den menschlichen Nutzer im spezifischen Nutzungskontext zu betrachten. Aus technischer Sicht werden heute digitale Assistenzsysteme unter Verwendung verschiedenster Hard- und Softwarekomponenten realisiert und bereitgestellt. Moderne digitale Assistenzsysteme zeichnen sich durch einen hohen Grad an Interaktivität und Intelligenz aus (Maedche et al., 2016). Sie unterstützen verschiedenste Ein- und Ausgabemodalitäten und nutzen Sensorik, um die Umgebung wahrzunehmen. Sie verwenden Methoden und Techniken der Künstlichen Intelligenz, um natürlich-sprachliche Interaktionen zu ermöglichen und sich auf Basis gesammelter Daten mittels Maschinellen Lernens kontinuierlich weiter zu entwickeln.

Digitale Assistenzsysteme bieten große betriebswirtschaftliche Potenziale. Durch die Übernahme von Routineaufgaben und vermehrt auch als digitaler Coach können sie in Unternehmen nicht nur Produktivität, sondern auch das Wohlbefinden von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen steigern. Sie bieten an der Kundenschnittstelle die Möglichkeit, positive Kundenerlebnisse zu ermöglichen.

Die Einführung und Nutzung digitaler Assistenzsystemen geht jedoch auch mit Herausforderungen einher. Im Gegensatz zu traditionellen Informationssystemen reagieren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf Grund der Eigenschaften und Fähigkeiten digitaler Assistenzsysteme u.a. stärker emotional (z.B. mit Unsicherheit und Angst vor Jobverlust). Bei der Einführung von digitalen Assistenzsystemen ist daher die Nutzermitwirkung entscheidend für ihren Erfolg. In Ergänzung sollten, wie in den Leitlinien für eine vertrauenswürdige Künstlichen Intelligenz der EU1 beschrieben, neben Rechtmäßigkeit (z.B. EU-Datenschutz-Grundverordnung) und Robustheit auch ethische Leitplanken wie die menschliche Autonomie, Schadensverhütung, Fairness und Erklärbarkeit gewährleistet werden.  Digitale Assistenzsysteme müssen entlang dieser ethischen Dimensionen so gestaltet und bereitgestellt werden, dass sie eine möglichst hohe Vertrauenswürdigkeit herstellen.

 

Alexander Mädche, KIT

 

Quellenangaben:

Hochrangige Expertengruppe für künstliche Intelligenz (HEG-KI) (2019). Ethik-Leitlinien für eine vertrauenswürdige KI. Europäische Kommission. Verfügbar unter https:// ec.europa.eu/newsroom/dae/document.cfm?doc_id=60425 [07.07.2021].

Maedche A., Morana S., Schacht S., Werth D., und Krumeich J. (2016) Advanced user assistance systems. Bus Inf Syst Eng 58(5):367–370. https://doi.org/10.1007/s12599-016-0444-2