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Digitalisierung in der Hochschullehre

Arbeitstagung am Donnerstag, 29. November 2018, in Jena

Für die „Generation Z“ ist Digitalisierung kein Kennzeichen mehr, sondern ein Selbstverständnis. Smartphone, Tablet, Notebook – ständige Begleiter, auch in Seminarräumen, Übungsräumen und Bibliotheken. Und damit sind auch Daten, der Austausch von Daten und die Nutzung von Daten omnipräsent. Nur wenige Klicks und Informationen sind „open“, für (fast jeden) frei verfügbar. An Universitäten bedeutet das neue und sich ständig weiterentwickelnde Lehr- und Lernsituationen. Aber wie sehen diese konkret aus? Und welche Anforderungen, auf die sich Dozierende und Studierende gleichermaßen einrichten müssen, bringen sie mit sich? Wie kann dieser Situation angemessen begegnet werden?

 

World Café: Mit Experten zum Erfahrungsaustausch

In Break Out Sessions wurde intensiv zu individuellen Schwerpunktthemen zusammengearbeitet. Die Ergebnisse wurden anschließend den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorgestellt.
 

 

Session „Technik“

Technische Fragen (Aufzeichnung-Software für E-Lectures, Audience Response Systeme, Lernmanagementsysteme, Test Suiten) wurden einleitend schnell beantwortet.

Als Anwendungsbeispiel für Virtual Reality / Augmented Reality in wirtschaftswissenschaftlichen Themenbereichen wurden Adventure Games genannt, bei denen im Gespräch zwischen Personen mit und ohne VR-Brille Kommunikations- und Entscheidungskompetenzen erprobt werden oder konkrete Situationen per Simulationen studiert werden können.


Weitere Diskussionsthemen waren:


E-Klausuren bzw. schon allgemeiner zu schriftlichen Prüfungen nach dem Antwortwahlverfahren: 

  • Hauptthema waren rechtliche Rahmenbedingungen, insbes. Prüfungsrecht, Urheberrecht, Datenschutz. 
  • Erkenntnis: muss in der Prüfungsordnung explizit erlaubt sein, außerdem muss eine Verfahrensregelung in Form einer MC-Ordnung o.ä. vorliegen (max. Anteil an der Gesamtprüfung <50 %, Zweitprüferregelung: Fragenüberprüfung VOR der Klausur, spezielles Antrags-/Genehmigungsverfahren über den Prüfungsausschuss)
  • Weiteres Thema: E-Klausur bringt nicht nur Entlastung, sondern auch Qualitätseffekte (statistische QS: z.B. Trennschärfe, Verständlichkeit einzelner Items)

 

E-Lectures (Vorlesungsaufzeichnungen):

  • Urheberrechtlich gelten dieselben Regelungen wie bei pdf-Skripten. Schwierigkeiten hier weniger rechtlich, als motivational (Kolleg(inn)en zum Mitmachen überzeugen). 
  • Was sind die Vorteile der E-Lecture? Rechtfertigen sie den Mehraufwand? JA - sowohl für Dozenten wie für Studierende, besonders, wenn es sich um ortsübergreifende Lehre handelt (z.B. Modell der flying faculty im Ausland, summer schools, etc.). 
  • Hinsichtlich der Anrechenbarkeit des Erstellungsaufwandes: sofern die SWS, die per E-Lecture abgebildet werden, neben anderen Lehrformen in der Modulbeschreibung explizit ausgewiesen sind, ist das grundsätzlich möglich (wird so gehandhabt).

 

Ausbildungsinhalte und Einsatzformen von E-Tutoren:

Wie kann man (z.B. als blended learning Kurse) die aufwändige Qualifizierung standardisieren und ressourcenschonend auf andere Standorte übertragen? Es wurde auf den hohen Bedarf auf dem Arbeitsmarkt nach Begleitern von Wissens-Communities in Unternehmen (Corporate Community Manager) hingewiesen (vgl. Studien des Bundesverbands für Community Management BVCM).

 

Datenschutz bei online Peer Reviews:

Es muss sichergestellt werden, dass gegenseitig kontrollierte Inhalte nicht auf die Klarnamen der Autoren rückgeführt werden können (techn. Anleitung der Studierenden zur Anonymisierung notwendig).

 

Session „Organisation"

Auch im Bereich Organisation von Digitalisierung spielen rechtliche Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle. Beispielsweise ist zu klären, ob die Prüfungsordnung Digitalisierung z.B. in Form von E-Klausuren zulässt.
 

Weitere Punkte der Session waren:

  • Kompetenzvermittlung zur digitalen Transformation: Integration ins Kurrikulum als Bestandteil jeder Veranstaltung und/oder auch übergreifend.
  • Lehre und auch Digitalisierungskompetenzen sollten eine Rolle bei Berufungen spielen.
  • Digitale Transformation hat dann eine Chance, wenn sie umfassende Unterstützung durch die Hochschulleitung erfährt: Bekenntnis der Hochschulleitung und zentrale Unterstützung.
  • Bei der Organisation der personellen Strukturen im Hinblick auf Lehrdigitalisierung sind verschiedene Rollen auf unterschiedlichen Ebenen zu bedenken. Das Einsatzgebiet reicht vom Verwaltungsapparat (z.B. technischer Support) bis hin zum akademischen Personal (z.B. konkreter Einsatz in der Lehre).
  • Digitalisierung in der Hochschullehre ist nicht zuletzt eine Frage des Anreizes. Welche Anreizsysteme spielen eine Rolle? Top down, gefördert durch die Hochschulleitung und bottom up z.B. durch das Angebot von Zertifizierungsveranstaltungen zum Thema. 
  • Die Finanzierung muss geklärt sein. Natürlich kann Digitalisierung in der Lehre individuell durch einzelne Dozent(inn)en im Zusammenhang mit den jeweiligen Veranstaltungen bei hoher Motivation auch mit einem geringen Budget umgesetzt werden. Als integraler Bestandteil einer hochschulweiten Strategie mit entsprechender finanzieller Ausstattung kann Digitalisierung in der Hochschullehre zeitgemäß eingesetzt werden und entsprechende Schlagkraft entfalten.

 

Session „Strategie"

Ob eine Digitalisierungsstrategie möglich ist, hängt vom Rahmen (z.B. Rechtsform, Studienorganisation, geographische Aspekte) und von der Finanzierung ab.

Für eine flächendeckende Umsetzung digitalisierter Lehre stellt das vorherrschende Anreizsystem ein Problem dar. Im Hinblick auf die soziopolitische Wertschätzung gehört Lehre nicht zu den bevorzugten strategischen Schwerpunkten. Entsprechendes gilt für die Digitalisierung der Lehre.
 

Weiterhin stellt sich die Frage, wo Digitalisierung der Lehre in der Strategie der Hochschule angesiedelt ist. Handelt es sich um einen eigenen Handlungsstrang oder ist sie integraler Bestandteil aller strategischen Maßnahmen?
 


Session „Didaktik"

Bei den allgegenwärtigen Fragen der Didaktik „Wie mache ich eine Veranstaltung spannend?“, „Wie habe ich Freude an der Lehre und wie vermittle ich diese Freude?“ stehen Motivation und Engagement im Vordergrund – egal ob mit oder ohne Digitalisierung. Nur motivierte Lehrende können Studierende motivieren. Und wenn man bei der 30sten Wiederholung der Einführungsveranstaltung eben nicht mehr motiviert ist, hilft Digitalisierung, z.B. mit Sprechtasten/Jukeboxtools, die ständig wiederkehrende Fragen beantworten. Digitalisierung ist in diesem Zusammengang also ein didaktisches Instrument, das in der passenden Konstellation unterstützen kann.
 

Letztlich wurde konstatiert, dass Studierende nicht nur an die Hochschulen gehen, weil sie lernen wollen. Sie wollen auch lernen, aber sie suchen insbesondere ein soziales Umfeld und wollen am Label der Hochschule teilhaben. Auch hier sind digitale Prozesse, die helfen, den Bedarf abzuarbeiten, sehr hilfreich.