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Zusammenlegung betriebswirtschaftlicher universitärer und fachhochschulischer Lehre an der BTU Cottbus-Senftenberg

Erklärung des Vorstands des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft vom 12.11.2013

 

Der Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. hat mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass die BTU Cottbus und die Hochschule Lausitz am 1.7.2013 zu einer neuen BTU Cottbus-Senftenberg fusioniert wurden. Es wird in diesem Zusammenhang wohl auch darüber nachgedacht, an der neuen Universität die Betriebswirtschaftslehre (zumindest teilweise, etwa in Form eines X- oder Y-Modells) bei den Studiengängen oder in einer hochschultyp-übergreifenden fachlichen Einheit zusammenzulegen.

Wir raten davon dringend ab und können die in den „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz“ als Anlage zum Gesetz festgestellte „Tatsache“ nicht nachvollziehen, dass „… die Betriebswirtschaftslehre nach herrschender Meinung eine angewandte Wissenschaft“ und daher „… die bisherige Abgrenzung …“ zwischen den Hochschultypen Universität und Fachhochschule „… künstlich und unnötig“ sei.

Tatsächlich ist die an Universitäten gelehrte Betriebswirtschaftslehre auch, aber keineswegs nur eine angewandte Disziplin; vielmehr wird in diesem Fach auch in erheblichem Umfang Grundlagenforschung betrieben, die sich eines anspruchsvollen methodischen Instrumentariums bedient und unmittelbar vergleichbar ist mit dem, was in der Volkswirtschaftslehre und in anderen sozialwissenschaftlichen Fächern unzweifelhaft zum disziplinären Kern gezählt wird. Im Rahmen von Projektförderungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Betriebswirtschaftslehre einen festen, in seiner Bedeutung zunehmenden Platz gewonnen. Die Auseinandersetzung mit und das Betreiben von Grundlagen- und angewandter Forschung innerhalb der universitären Betriebswirtschaftslehre verlangt von den Studierenden, sich in abstraktere und auf Komplexitätsbejahung angelegte Denkweisen einzuarbeiten, die für die Bewältigung aktueller Problemstellungen in der Unternehmenspraxis nicht nur im Bereich des Managements als solches, sondern auch vieler betrieblicher Teilfunktionen (Beschaffung, Produktion, Supply-Chain-Management, Marketing, Finanzierung, Rechnungswesen, Besteuerung, Personalwesen, Organisation oder Innovations- und Technologiemanagement u.v.m.) unabdingbar sind. Die universitäre Betriebswirtschaftslehre befähigt die Studierenden auf diese Weise nicht nur, betriebswirtschaftliche Instrumente anzuwenden, sondern in ihrem späteren Berufsweg eigenständig kritisch zu reflektieren und für neuartige Problemstellungen weiterzuentwickeln.

Fachhochschulen haben demgegenüber eine deutlich stärker auf die unmittelbare Lösung bekannter praktischer Probleme ausgerichtete Ausbildung. Auch dies hat gesellschafts- und bildungspolitisch einen hohen Wert, denn Fachhochschulen ziehen mit diesem praxisorientierten Fokus Studierende an, die in vielen Unternehmensbereichen dringend benötigt wer-den. Es macht deshalb, anders formuliert, keinen Sinn, die betriebswirtschaftliche Ausbildung an den Universitäten und an den Fachhochschulen gegeneinander auszuspielen, denn sie de-cken unterschiedliche Ausbildungsbedarfe ab. Genau aus diesem Grund darf die universitäre und die fachhochschulische Betriebswirtschaftslehre nicht als identisch angesehen werden – ganz im Gegenteil.

Bei einer (auch teilweisen) Zusammenlegung von Studiengängen und Einheiten werden des-halb am Ende beide Ausrichtungen nur Schaden nehmen. Nicht nur bezogen auf die Betriebswirtschaftslehre haben wir in Deutschland dies an vielen Stellen bildungspolitisch schmerzlich erfahren müssen. Nicht zuletzt das in den 1970er Jahren propagierte Modell der Gesamthochschule hat gezeigt, dass fachhochschulisches und universitäres Studium nicht einfach miteinander vermischbar sind, sondern auch in gleichen Fachgebieten unterschiedliche Ausbildungsziele für verschiedene Adressatengruppen und mit verschiedenen Fachinhalten realisieren. Auch in den USA ist bisher niemand auf die Idee gekommen, Research Universities und Teaching Universities miteinander verschmelzen zu wollen. Denn hier gilt genauso: Beide sind auf unterschiedliche studentische Zielgruppen ausgerichtet und dienen auch der Unternehmenspraxis in unterschiedlicher Weise.

Für die Situation in der Lausitz wäre es zu wünschen, wenn der Weg durch ein solches „Tal der Tränen“ gar nicht erst durchschritten werden müsste und – auch in der neuen Universität – beide Profile je für sich auch und gerade im Bereich der betriebswirtschaftlichen Ausbildung so gestärkt werden würden, dass sie jeweils im Wettbewerb mit den Angeboten desselben Typs mithalten können. Die bisherigen Positionierungen in den CHE-Rankings – sowohl bei den fachhochschulischen als auch den universitären Angeboten - zeigen ja, dass dieses keineswegs unmöglich ist.

 

Prof. Dr. Dodo zu Knyhausen-Aufseß
Vorsitzender des Vorstands des VHB e. V.

Prof. Dr. Barbara E. Weißenberger
Stellvertretende Vorsitzende des Vorstands des VHB e.V.