Cross-Cultural Management

Störenfried oder bunter Hund der BWL?

Markus Pudelko, Universität Tübingen

Cross-Cultural Management (CMM) ist in mancher Hinsicht ein „Störenfried“ der BWL, wird doch die in der BWL gängige Suche nach „objektiv richtigen“ Managementpraktiken aus grundsätzlichen Erwägungen heraus abgelehnt. Im Vordergrund von CCM stehen entweder Ländervergleiche anhand verschiedener kultureller Wertvorstellungen oder interkulturelle Interaktionen. CCM ist dabei aufgrund der stark interdisziplinär und sozialwissenschaftlichen Ausrichtung „der bunte Hund“ der BWL.

Das Gebiet ”Cross-Cultural Management” (CCM) als Unterbereich der Disziplin “International Management” bzw. “International Business” ist vergleichsweise jung. Als Geburtsjahr wird in der Regel 1980 genannt, das Jahr, in dem das Buch ”Culture’s Consequences” von Geert Hofstede erschien. Nach wie vor dominiert diese Veröffentlichung das Fachgebiet CCM und sei es auch nur indem sich Autoren von diesem Werk abgrenzen. In dieser gigantischen Studie mit über 100.000 Teilnehmern reduziert Hofstede zum einen den vagen Kulturbegriff auf (zunächst) vier kulturelle Werte: Individualität, Machtdistanz, Unsicherheitsvermeidung sowie Maskulinität. Zum anderen zeigt der Autor, wie sich Landeskulturen anhand dieser vier Wertedimensionen voneinander unterscheiden.

Hofstedes Studie zeigt damit auch exemplarisch den ersten von zwei Bereichen von CCM auf: den Landesvergleich anhand kultureller Werte. Bezogen auf Management ergibt sich damit die Frage, wie sich (Landes-)Kulturen unterschiedlich auf das Managementverhalten von Personen bzw. Organisationen eines Landes auswirken. In den achtziger Jahren erlebte CCM mit dieser Fragestellung einen ersten Boom, da in dieser Zeit Japan enorme wirtschaftliche Erfolge erzielte, die das Selbstverständnis des Westens, über das beste Managementwissen zu verfügen, stark in Zweifel zogen. Um diesem beunruhigenden Phänomen näher auf den Grund zu gehen, versprach man sich von kulturellen Erklärungsansätzen wichtige Antworten.

Einhergehend mit der Malaise der japanischen Wirtschaft ist das Interesse an Japan merklich zurückgegangen und China steht nunmehr im Fokus. Dabei steht aber nicht ”von China lernen” im Zentrum, wie dies bei Japan noch der Fall war, sondern vielmehr ”mit China gewinnbringend kooperieren“. Damit tritt neben den erstgenannten, komparativen Ansatz von CCM verstärkt ein weiterer: der interaktive. Mit anderen Worten, es geht nicht darum, was die Chinesen in China anders machen als die Deutschen in Deutschland, sondern vielmehr darum, wie die Deutschen mit den Chinesen gewinnbringend zusammenarbeiten können.

Geht es beim komparativen Ansatz vor allem um Fragen nach der Übertragbarkeit von ”best management practices”, so geht es beim interaktiven Ansatz eher um kulturübergreifendes Verhandeln, um das Management von internationalen Joint Ventures, um Post-Merger Integration, um das Führen international besetzter Teams bzw. einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Kulturkreisen.

Unabhängig davon, ob es sich um den komparativen oder den interaktiven Ansatz handelt, in einer Hinsicht sticht CCM in jedem Fall aus anderen Bereichen der BWL heraus. Gerade in der deutschsprachigen BWL, die oftmals noch immer mikroökonomischen Traditionen verhaftet ist und sich eher zögerlich verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen öffnet, geht es in erster Linie um normative Fragestellungen, also um die Frage, wie Marketing, Personalführung, betriebliche Finanzierung usw. ”objektiv richtig” funktioniert. CCM steht nunmehr in starkem Gegensatz zu Fragen nach „objektiv richtigen“ Praktiken, wird dies doch stark in Abhängigkeit der jeweiligen Landeskultur gesehen. Kultur wird damit zu einem wesentlichen Kontextfaktor für Managementhandeln, von dem andere Disziplinen innerhalb der BWL eher abstrahieren.

CCM steht in dieser Hinsicht institutionellen Ansätzen sehr nahe, wobei bei diesen nicht verschiedene Kulturen, sondern abweichende institutionelle Rahmenbedingungen unterschiedlicher Länder im Vordergrund stehen. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass beide Ausrichtungen stark interdisziplinär und sozialwissenschaftlich ausgerichtet sind.