Am 8. Juli 2025 fand das VHB Forum zum Thema Zukunft der BWL statt. Eine rege Diskussion entspann sich um das Thema, wovon die BWL mehr braucht, worin sie noch besser werden kann und was sie lieber nicht tun sollte.
Die Betriebswirtschaftslehre (BWL) ist heute breit anwendbar und weit über die Unternehmenswelt hinaus von Bedeutung – etwa in der Staatsfinanzierung oder gesellschaftlichen Steuerung. Das Fach hat enorme Fortschritte in den Methoden gemacht und erlebt zugleich eine Renaissance theoretischer Ansätze. Doch mit der zunehmenden Spezialisierung stellt sich die Frage: Geht damit ein Verlust der integrativen Kraft der BWL einher?
Das Podium ist sich einig: „Die BWL ist mitten in der Gesellschaft.“ Dennoch droht die Disziplin ihre Sprechfähigkeit zu verlieren, wenn sie sich zu sehr in methodische Nischen manövriert. Zwar wird die gewachsene Methodenkompetenz stark nachgefragt – gerade in Politik, Praxis und Öffentlichkeit –, doch sollte das nicht zulasten des breiten Dialogs gehen. Zusätzlich zur Ausbildung in der Tiefe braucht es eine Lehre, die Silos überwindet, Studierende inspiriert und aktiv den gesellschaftlichen Diskurs sucht. Dies spielt auch eine Rolle für die Bewertung wissenschaftlicher Leistung: Nichtwissenschaftliche Publikationen sollten bereits im Nachwuchsbereich stärker wertgeschätzt werden.
Enormes Potenzial birgt die Synergie zwischen den verschiedenen Perspektiven innerhalb der Disziplin. Die Vielfalt an Theorien und Methoden ist ein Schatz, der mit noch mehr Einsatz gehoben werden muss – etwa durch intensivierte interdisziplinäre Kooperationen, durch gemeinsames Arbeiten in Verbundprojekten und durch einen engen Austausch mit anderen Fachgesellschaften. Gerade groß angelegte Forschungsvorhaben stärken das Gruppengefühl und erhöhen die Sichtbarkeit der Disziplin. Im Hinblick auf Forschungsanträge besteht ebenfalls „Luft nach oben“. Die Herausforderung: Kooperativ und visionär denken statt sich problemfokussiert im Detail zu verlieren.
Auch sollte die BWL geopolitische Entwicklungen stärker in den Blick nehmen. Hier liegt viel Kompetenz brach, obwohl aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung oder globale Krisen interdisziplinäre und sektorübergreifende Antworten erfordern. Die klassischen Grenzen zwischen betriebswirtschaftlichen „Silos“ lösen sich angesichts der genannten Themen zunehmend auf. Die BWL war stets ein Stück weit Generalistentum – und genau das ist heute wieder gefragt. Hierfür sollten sich die Vertreter:innen der Disziplin ruhig trauen, mutiger und lauter im gesellschaftlichen Diskurs aufzutreten.
Gemeinschaft macht stark: Nicht jede und jeder muss alles können, aber gemeinsam können wir viele Herausforderungen bewältigen. Die BWL kann und sollte Teil der Lösung sein. Wenig gesellschaftliche Wirkung und Sichtbarkeit – gemessen an der schieren Größe des Faches – wird zunehmend als Problem erkannt. Universitäten und Business Schools fangen an, hierzu Arbeitskreise und Journalistenteams einzusetzen. Die richtige Kommunikationsstrategie behält dabei eine feine Linie im Blick: Denn diejenigen Projekte und Personen, die in der Öffentlichkeit am sichtbarsten sind, sind nicht zwangsläufig diejenigen mit dem größten Praxisimpact. Im Gegenteil, Wirkung erfordert oft Zurückhaltung statt Selbstdarstellung.
Schließlich bleibt die Frage: Wie lässt sich eine gemeinsame DACH- oder europäische BWL-Identität etablieren? Erste Projekte und Initiativen gibt es bereits, zum Beispiel regt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) an, Forschungsförderung im Verbund mit Kolleg:innen aus den Nachbarländern zu beantragen. Gemeinsam eine Wissenschaft zu gestalten, die relevant, sichtbar, anschlussfähig und ihrer Verantwortung in Forschung, Lehre und Gesellschaft bewusst ist – darin liegt die Chance für die BWL der Zukunft.
Herzlichen Dank an Prof. Dr. Renate Meyer (Wirtschaftsuniversität Wien), Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Caren Sureth-Sloane (Universität Paderborn),
Prof. Dr. Claudia Wöhle (Paris-Lodron-Universität Salzburg) und Prof. Dr. Michael Wolff (Georg-August-Universität Göttingen) für den Austausch.